Humboldt-Universität zu Berlin - Zentralinstitut für Katholische Theologie (IKT)

Zum 50. Todestag Guardinis

Die gleichnamige Professur wird Teil des zu gründenden Instituts für Katholische Theologie

Romano Guardini
Romano Guardini lehrte Religions-
philosophie und katholische
Weltanschauung.
Foto: Guardini Stiftung e.V.

Am 1. Oktober 2018 jährte sich zum 50. Mal der Todestag des Theologen und Religionsphilosophen Romano Guardini, der von 1923 bis 1939 an der Friedrich-Wilhelms-Universität, der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin, lehrte. Der 1885 in Verona geborene Geistliche zählt zu den bedeutendsten katholischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. Er gilt als wegweisender Inspirator der liturgischen Bewegung, war eine der führenden Persönlichkeiten in der katholischen Jugendbewegung und tat sich als akademischer Lehrer mit außergewöhnlich hohem Zuspruch hervor.

Mit seinem Schaffen gelang Guardini der Brückenschlag zwischen moderner Lebenswelt und religiöser Symbolik, zwischen Glauben und wissenschaftlicher Weltanschauung, zwischen Kunst und denkerischer Wirklichkeitsauffassung. Sein Werk steht für eine philosophische Weltanschauung, die sich nicht ideologisch abtun lässt, da er stets bemüht war, vielfältige Perspektiven in seine Betrachtungen miteinzubeziehen. In diesem Sinne ist Philosophie bei ihm kein rein technisches Wissen, sondern Suche nach einem Sinn, der die Welt verständlich und bewohnbar macht. Quelle und Mündung dieser Suche war für ihn der christliche Glauben, allerdings nicht im dogmatischen oder gar apodiktischen Sinne, sondern in einer strengen und gleichzeitig dialogischen Logik. Vor diesem Hintergrund wurde er zum Interpreten von Autoren wie Dante, Hölderlin, Dostojewski sowie Rilke und entwarf eine christliche Weltanschauung, die auch außerhalb Berlins Aufmerksamkeit und Anerkennung fand, und die auch heute katholische Gläubige begeistert.

Guardini wurde von den Nazis aus dem Lehrbetrieb entlassen

Die Vielseitigkeit seines Denkens spiegelte sich auch in seiner akademischen Laufbahn wider: Von 1923 bis zum Lehrverbot durch die Nationalsozialisten 1939 verlieh er mit seinen Lehrveranstaltungen unter dem Titel „Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung“ dem akademischen Leben Berlins besondere geistig-religiöse Akzente. Sowohl in seinen Schriften zu jener Zeit, unter anderem „Der Heiland“ (1935) sowie „Der Herr. Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi“ (1937), als auch in seinen Vorlesungen und Seminaren bezog Guardini dabei kritisch Stellung gegen die von den nationalsozialistischen Deutschen Christen geprägte Ideologie, was schließlich zu seiner Entlassung aus dem Lehrbetrieb führte. Dennoch fand Guardinis Wirken auch in dieser Zeit ein außergewöhnlich großes, weit über die Grenzen des akademischen Milieus hinausreichendes Echo. So wurde er, nur kurz nach dem Krieg, 1948 auf einen eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl in München berufen. Unter den zahlreichen Ehrungen, die ihm zuteil wurden, sind unter anderem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1952 und der Erasmuspreis in Brüssel 1962.

Um die Tradition des guardinischen Denkens fortzuführen, hat die Guardini Stiftung e. V. dank der Hilfe großzügiger Sponsoren im Rahmen eines Vertrages mit der Humboldt-Universität im Jahre 2004 einen Stiftungslehrstuhl einrichten können – und das mit sehr gutem Anklang bei den Studierenden, die der Professur im Sommersemester 2017 den Lehrpreis der Theologischen Fakultät zusprachen. Der derzeitige Inhaber der Professur, Ugo Perone, stammt aus der Schule des Turiner Hermeneutikers Luigi Pareyson und verbindet in seinem Denken philosophische und theologische Aspekte vor dem Hintergrund aktueller Fragestellungen. Die Professur ist mit einer Assistentenstelle mit Schwerpunkt auf jüdischer Philosophie ausgestattet.

Ab dem Wintersemester 2019/20 wird die Guardini Professur als Teil des geplanten Instituts für Katholische Theologie in eine neue akademische Ära aufbrechen, in der die ökumenisch-interreligiöse Rolle, der sie sich verpflichtet fühlt, weiter fortgeführt wird: eine Brücke zwischen Theologie und Philosophie, zwischen Katholizismus, Protestantismus und Judentum. Der Blick in die Zukunft lässt hoffen, dass sie auch in diesem neuen Rahmen ihre Arbeit erfolgreich fortsetzen und das Erbe ihres Namensgebers lebendig halten wird.

Autorin: Dr. Silvia Richter

Erschienen in der Oktober-Ausgabe der HUMBOLDT.